
Meine Freundin hat gerade einen dieser Threads geteilt, bei denen man das kalte Kotzen bekommt. Bei dem Männer darüber schwadronieren, wie f…bar eine junge Aktivistin ist. Ich halte mich gar nicht daran auf zu überlegen, wie sinnvoll diese Threads und die Tiraden darauf sind. Ebenso wenig verschwende ich Zeit darauf, ein küchenpsychologisches Profil für die kommentierenden Honks zu erstellen. Sie sind mir egal. Was mich aber viel mehr aufregt, ist das große Schweigen. Das große Schweigen der großen Männer.
Für Frauen ist es besonders schwer öffentlich Position zu beziehen, weil sie besonders häufig Opfer heftigster Anfeindungen im Netz werden. Warum springen ihnen aber so wenige Menschen, so wenige Männer öffentlich bei? Ich bin überzeugt, dass viele Diskussionen und Situationen eine andere Dynamik entwickeln würden, wären da die Stimmen der Männer (allen voran die der einflussreichen), die sagen: „Stopp! Das geht gar nicht!“
Was übrigens kein reines Phänomen politischer Diskussionen ist, sondern uns alle betrifft. Denn auch jenseits der Öffentlichkeit haben viele Menschen, und eben viele Frauen, noch immer mit vielerlei Ungerechtigkeiten zu kämpfen. Weniger Lohn, mehr Hausarbeit, sexistische Sprüche, Jobs, die man nicht bekommt, weil man Mutter ist oder eine werden könnte — das sind nur ein paar Beispiele.
Um das zu ändern, seid auch ihr gefragt, liebe Väter, Kollegen und Freunde in unserem Umfeld. Wir brauchen nämlich Männer, die sich nicht nur als Feminist bezeichnen, um die nächste Hipster-Attitüde zu bedienen. Wir brauchen Männer, die nicht peinlich berührt weiter lachen, wenn ein Kollege oder Kumpel mal wieder einen völlig unangemessenen Spruch raushaut. Die auch auf die Gefahr hin, sich unbeliebt zu machen, sagen: „Ey, so nicht!“
Wir brauchen Männer, die das Spiel nicht mehr mitmachen, wenn Frauen geringer bezahlt werden. Die ganz selbstverständlich Raum für ihre Familie schaffen — ohne dafür Applaus zu erwarten. Und die damit auch Vorgesetzten und Kollegen zeigen, dass das „Risiko“ einer Familiengründung eben nicht nur Frauensache ist.
Wir brauchen Männer, die ihre Töchter zu selbstbewussten und empathischen Menschen heranwachsen lassen wollen — und sich das auch für ihre Söhne wünschen. Väter, die ihren Kindern vorleben, was Selbstwert, Toleranz und Mitgefühl bedeuten.
Viele Männer, die ich kenne, haben sich da schon auf den Weg gemacht. Aber bitte, wenn ihr das ernst meint mit der Gleichberechtigung, dann werdet lauter! In öffentlichen Diskussionen, im Büro, auf der Familienfeier. Für mich ist die Rechnung recht simpel: Haben wir mehr von diesen Männern mit Rückgrat, haben wir auch weniger Honks. Und das tut doch uns allen gut.