Mutterhirn im Mental Overload

„In unserem Alltag ist gerade einfach kein Platz für deine Bequemlichkeit!“ BÄHM! Das habe ich am Wochenende meinem Mann um die Ohren gehauen, weil mein Kopf — mal wieder — zu explodieren drohte. Mental OVERload!

Dabei ist es jetzt nicht so, als säße mein Mann den ganzen Tag auf der faulen Haut. Auch er versucht, Job und Familie anständig unter einen Hut zu bringen. Es ist auch nicht so, als täte er so gar nichts zuhause. Aber dass der Laden läuft, das ist meine Verantwortung. Und das meine ich mit Bequemlichkeit: Er kann sich rausnehmen, Dinge einfach nicht zu machen, muss nicht an Geburtstagsgeschenke, Arzttermine, Schulsachen und neue Kinderschuhe denken. Das mache nämlich alles ich. Es einfach nicht zu tun ist ja keine Option, denn die Kinder können ja nun mal nichts für unsere unterschiedliche Auffassung von Rollenaufteilung.

Dabei ist mein Mann sogar einer von diesen neuen Vätern, die tatsächlich ihrer Vaterrolle gerecht werden wollen. Die da sind und es gut finden, dass ihre Frauen genauso wichtige Termine im Job haben wie sie. Und trotzdem läuft was schief zuhause — und damit sind wir längst kein Einzelfall.

„Du hättest doch bloß fragen müssen“, diesen Titel trägt ein Comic, der im vergangenen Jahr ziemlich viral gegangen ist, denn er bringt das Problem auf den Punkt: Der Mann ist durchaus bereit, Aufgaben zu übernehmen. Aber er möchte sie zugewiesen bekommen. Damit wird die Frau zum Zuweiser und trägt die gesamte Verantwortung. Sie muss weiterhin die Fäden in der Hand behalten — von Terminen mit Freunden und Verwandten bis zu den großen Fragen der Kindererziehung.

Vor einigen Monaten hatte ich für ELTERN mal was zum Thema Feminismus aufgeschrieben. Ein Satz, der mir in meinen Recherchen immer wieder begegnete, war: „Der Mann hilft mit!“ Also beide gehen arbeiten, die Frau vielleicht ein paar Stunden weniger, und der Mann übernimmt ein paar Aufgaben zuhause. Aber er hilft halt nur. Dabei ist der Wunsch durchaus da, sich das Familienmanagement gerechter aufzuteilen. Aber wie kann das gelingen?

Patricia von Das Nuf hatte neulich einen Vortrag zum Thema Mental Load gehalten und in ihrem Blog auch Lösungswege aufgezeigt. Der erste Schritt ist, sich einen Überblick darüber zu verschaffen, welche Aufgaben zum Familienmanagement gehören. Und dann geht es ans Aufteilen. Das wiederum stellt vielleicht auch die ein oder andere Mutter vor Herausforderungen, denn es bedeutet: loslassen. Da habe ich glücklicherweise nicht so viele Probleme mit. Mir ist es wurscht, wie der Mann die Wäsche faltet — Hauptsache sie liegt am Ende des Tages im Schrank.

Das Thema Mental Load geht allerdings weit über die Aspekte partnerschaftliche Rollenverteilung hinaus. Es sind vor allem die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen und unsere Kultur, die aus uns die Familienmanagerinnen machen. Mareice Kaiser hat neulich ein paar sehr kluge Dinge dazu aufgeschrieben und ganz konkret formuliert, was sich alles ändern muss, damit wir Eltern (denn ja, ich glaube durchaus, dass auch die Väter Stress haben) mal ein bisschen Druck vom Kessel bekommen.

Übrigens hatte ich erwartet, dass mein Mann empört über meinen Bequemlichkeitsspruch sein wird. War er aber gar nicht, er war erstaunlich still und sagte dann: „Du hast Recht!“ Wir beide arbeiten daran, dass wir raus aus dieser Rollenverteilungs-Mental-Overload-Schleife kommen. Ist gar nicht so leicht, schließlich haben wir da Jahrhunderte alte Rollenvorstellungen im Gepäck. Aber ich bin guter Dinge, dass wir das schaffen noch bevor die Kinder alle erwachsen sind.

Von Kindern, die niemals schlafen

Diesen Text schreibe ich um 22.25 Uhr. Ich sage das lieber vorab, wer weiß, was hier gleich noch so alles stehen wird. Denn in diesem Text geht es um Nagellack und die großen Herausforderungen des Elternseins.

Statt zu schreiben hätte ich jetzt lieber in Ruhe vor dem Fernseher gesessen und mir die Fingernägel lackiert. Das klingt profan, oberflächlich vielleicht, aber tatsächlich spiegelt sich in meinen schrabbeligen Nägeln gerade der ganze Frust des täglichen Tuns wider.

Denn fürs Lackieren brauche ich mindestens fünf, besser noch zehn Minuten absolute Ruhe. Nicht unbedingt akustische Ruhe, aber zumindest die Gewissheit, in den nächsten Minuten niemandem die Schuhe zubinden zu müssen, kein Kaugummi aus den Haaren zu friemeln, keine Farbreste aus dem Teppichboden zu rubbeln und kein Kleinkind vom Esstisch zu klauben. Es ist 22.25 Uhr und noch immer habe ich keine Zehn-Minuten-Ruhe-Garantie.

Tagsüber ist ohnehin für nichts Zeit. Deswegen sage ich jeden Tag aufs Neue zu mir: Wenn die Kinder im Bett sind, dann mache ich endlich…mir die Fingernägel. Zum Beispiel. Und dann sitzen da drei Teufelskinder auf der Schulter und machen laut Muhahahaha.

Es ist völlig egal, wie gut organisiert wir sind, ob wir rechtzeitig Abend essen und die Betten fertig gemacht haben. Es spielt auch keine Rolle, wie der Tag oder die Woche waren, ob viel los war oder wenig. Übrigens auch nicht der Fernsehkonsum – auch wenn das Bild anderes vermuten lässt, tatsächlich bleibt bei uns der Fernseher an vielen Tagen und Abenden aus. Es ändert nichts:  Sobald die abendliche Rushhour mit Abendessen, Zähneputzen und Vorlesen begonnen hat, wird irgendeines der drei Kinder plötzlich Durst, Bauchweh, Entdeckungsdrang, einen Lachkrampf, Tollwut, Weltschmerz, ein „Tanzgefühl“, Hysterie oder einfach temporär den Drang zur Revolution haben.

Ich weiß nicht mehr, wann die Kinder mal alle vor 20 Uhr geschlafen und die folgenden Stunden auch durchgeschlafen haben. Manchmal sind sie besonders fies. Dann ist um 20.30 Uhr tatsächlich Ruhe im Karton, nur damit Kind3 um 21 Uhr „Mamaaaaa!“ brüllen kann.

Dann denke ich, wenn alle unsere Kinder regelmäßig vor 22 Uhr schlafen würden, wäre das Leben schon viel einfacher. Dann hätten wir bestimmt immer ein top aufgeräumtes Haus, immer sorgfältig zusammengelegte Wäsche und alle Schul- und Kindergartentaschen wären gepackt. Ich hätte längst promoviert oder zumindest mal ein Buch gelesen. Oder aber ich wäre einfach genauso k.o., weil das Leben mit Kindern wunderbar und trotzdem immer wieder anstrengend ist. Aber vielleicht, ganz vielleicht hätte ich zumindest vernünftig lackierte Fingernägel.