Ferien zuhause: Bergfest der Langeweile

Seit dreieinhalb Wochen hat die Große Ferien, seit eineinhalb Wochen haben auch die beiden jüngeren Schwestern Ferien. Weitere eineinhalb Wochen Gemeinsamkeit liegen vor uns. Bergfest der Langeweile.

Neulich hatte ich mich ja gefragt, warum es für viele Leute inzwischen selbstverständlich ist, jede Ferien für einen ausgiebigen Familienurlaub zu nutzen. Kurz vor Schuljahresende lautete stets die Frage: „Und, wohin fahrt ihr?“ Und nicht, wie es mir vielleicht vertrauter wäre: „Und, fahrt ihr weg?“

Nach rund 260 gemeinsamen Stunden mit drei Kindern und ohne spektakuläre Bergwanderungen, Pool-Animation und Kinderferienprogramm bekomme ich so eine Ahnung, warum die Leute in den Ferien unbedingt verreisen müssen. Vielleicht wollen sie ja so verrückte Dinge tun wie schlafen oder Zeitung lesen.

Wir haben uns in diesem Sommer ganz bewusst gegen einen Urlaub entschieden. Vor allem wegen des Geldes. Aber auch, weil ich nach dem ganzen Umzugsstress in diesem Jahr den Kindern und mir nicht schon wieder das Taschenpacken zumuten wollte. Ich wollte, dass wir ankommen in unserem neuen Zuhause.

Kinder brauchen Entschleunigung und Langeweile, um sich entfalten zu können, gerade in den Ferien. Das lese ich immer wieder und ja, davon bin ich auch überzeugt. Denke ich darüber nach, habe ich meine Töchter vor Augen, wie sie versunken im Garten sitzen und Ameisen beobachten, Sandburgen bauen und Blumenkränze flechten. Und dann kommt die Wirklichkeit: Anschreien, Haare ziehen, Türen knallen — die Blutgrätsche fürs Bullerbü-Idyll.

In den ersten gemeinsamen Ferientagen musste ich immer wieder über diese Kita-Frei-Bewegung sinnieren. Wie machen die das nur? Also ich finde Einkauf, Hundegang und Texte schreiben mit drei Kindern um mich herum unfassbar anstrengend. Allerdings ist die gemeinsame Zeit bei uns ja auch die Ausnahme. Ich denke, wir müssen uns tatsächlich erst wieder aneinander gewöhnen.

Nach den ersten vier, fünf Tagen langweiliges Aufeinanderhocken haben wir uns eingegroovt: Die Große geht morgens mit dem Hund, die Mittlere bleibt mittags ruhig, damit die Kleine schlafen kann und abends springen wir noch mal schnell ins Freibad nebenan. Dazwischen natürlich immer wieder streit. Aber auch bei uns gibt gibt es sogar bisschen Bullerbü — allerdings sind es mehr Momente, als ganze Tage.

Dann verziert die Mittlere völlig versunken die Außenwände mit Kreide und mahlt Kaffeebohnen in der Mühle. Die Große sitzt im Hängesack und liest in ihrem Buch aus der Leihbücherei und die Kleine schaufelt Sand in die Förmchen. Diese Momente ohne Streit verschaffen auch mir eine kleine Verschnaufpause. Dann mache ich mir einen Kaffee, nehme mir noch mal die Zeitung, setze mich auf die Terrasse und stelle fest, dass der Hund gerade in den Garten kackt…

2 Antworten auf „Ferien zuhause: Bergfest der Langeweile“

  1. 😂 Sehr „nett“ beschrieben! Ich sitze gerade beim Arzt im Wartezimmer und gönne mir eine Auszeit vom „Ferien-zu-Hause-Wahnsinn“. Wobei wir im Kopf meiner Großen meist gar nicht zu Hause sind. Wir sind in den letzten eineinhalb Wochen schon mit dem Zug in die Berge gereist, mit dem Schiff nach Holland gefahren, haben uns mit zehn Familienmitgliedern im Wohnmobil gestapelt, waren sogar schon eine Nacht wie die Vögel hoch oben im Baum in unserem selbst gebauten Nest. Dazu gab es (Gummibärchen-)Würmer. 😄
    Alles Dank der Phantasie meiner Tochter. Unbezahlbarer Urlaub, würde ich sagen und mit der Vorfreude, auf das was noch kommt, lassen sich dann auch die nächsten eineinhalb Wochen Wutausbrüche, Streitereien und Durchsetzungsszenarien gut überstehen. ☺️

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